Schwerhörige neidisch auf ihre Cousine Hedwig
|

Schwerhörige neidisch auf ihre Cousine Hedwig

Schwerhörige neidisch auf ihre Cousine Hedwig

 

Was die Hörgeschädigten alles durchmachen müssen, wenn ihnen bestimmte Informationen fehlen.

Hier kommen aufgrund fehlender Informationen ebenso falsche / missverstandene Emotionen hoch. Anhand folgender Geschichte einer Schwerhörigen mit ihrer Cousine Hedwig könnt Ihr Euch das wohl bildlich vorstellen.

Zur Geschichte der Schwerhörigen mit ihrer Cousine Hedwig

 

Die Schwerhörige, nennen wir sie mal „Johanna“, ging in ihrer Kindheit mit ihrer großen Familie jeden Sonntag in die Kirche. Ihre Cousine Hedwig (so heißt sie wirklich) war ebenso immer dabei.

Immer wenn der Pfarrer predigte, schielte sie neidisch rüber zu ihrer Cousine Hedwig. Sie verstand nicht, wieso Hedwig von dem Pfarrer im Gottesdienst immer genannt wurde, sie jedoch nicht. Jeden Sonntag im Gottesdienst wartete sie auf die Nennung ihres Namens, aber nichts kam. Sie wurde schlichtweg übergangen.

Schwerhörige neidisch auf ihre Cousine Hedwig Schwerhörige neidisch auf ihre Cousine Hedwig (Quelle: Fotolia.de)

Johanna grummelte also jeden Sonntag vor sich hin im Gottesdienst, mit Neid auf ihre Cousine Hedwig.

Zum Glück begriff sie irgendwann, dass da etwas nicht stimmen konnte, wenn ihre Cousine Hedwig jedes Mal genannt wurde, sie jedoch nicht.  Sie fragte ihre Eltern, was der Pfarrer genau gesagt hat. Sie verstand nicht alles mit ihren Hörgeräten.

So erklärte Johannas Mutter ihr den Wortlaut des Pfarrers. Erst da verstand sie richtig, dass der Pfarrer nicht „Hedwig“, sondern „Ewigkeit“ sagte. Sie bekam damals mit ihren Hörgeräten die letzte Silbe „keit“ nicht mit, so dass sie immerzu „Hedwig“ verstand. Oh menno, da war sie ja jeden Sonntag absolut grundlos neidisch auf ihre Cousine Hedwig, nur weil das Wort „ewig“ so ähnlich klang.

Für sie war ihre Cousine Hedwig die wichtigste Person für den Pfarrer damals, bis sich das Missverständnis aufklärte.

Heute schmunzelt sie darüber, das ist an sich eine amüsante Geschichte 😀

Aber dass sie aufgrund dieses winzigen Missverständnisses eine unnötige Emotion mit sich rumtragen musste im Gottesdienst, ist schon ein Ding! Das ist ein Kommunikationsnachteil der Hörgeschädigten.

Die Taubheit oder Schwerhörigkeit an sich, so nach dem Motto „Ich höre nicht, na und“, zeigt nicht das wahre Ausmaß, dass man als Hörgeschädigte noch zusätzlich in der Kommunikation eingeschränkt wird im Kreise der hörenden Mitmenschen.

Habt Ihr ähnliches erlebt?

 

Eure Gehörlosbloggerin

Judith Harter

Ähnliche Beiträge

  • Lebensfreude und Elan

    Nun habe ich wieder ein schönes Foto gefunden, aus dem die Lebensfreude und Elan der spontan tanzenden Moderatorin Vanessa Minnillo – einfach sehr schön – zu sehen ist: (aus der Zeitschrift „In Touch“, Ausgabe Nr. 04 v. 21. Januar 2010)

  • Berufliche Leistung einer Hörgeschädigten nicht anerkannt

    Eine Freundin von mir ist hörgeschädigt und erlernte den Beruf Arzthelferin. Sie hat sich trotz ihrer Hörschädigung durchgekämpft. Hut ab vor ihr. Nun hat sie in letzter Zeit in einem Dialyse-Zentrum gearbeitet, in der sie die Dialyse-Patienten während der Blutwäsche betreute. Sie musste dabei die Patienten immer im Auge behalten und all die Maschinen, an…

  • JOMI lautlos Filmpremiere

    JOMI lautlos – Filmpremiere Der Filmemacher Sebastian Voltmer und die Filmproduktion LichtenSTERN.tv geben im November 2018 ihre Filmpremiere mit dem hörgeschädigten Pantomimen JOMI als Haupt-Darsteller. Sein Film „JOMI – lautlos, aber nicht sprachlos“ findet statt: Wann? Am 11.11.2018 um 11 Uhr Wo? Im Kino Cinestar Saarbrücken (Sankt Johanner Strasse 61, 66115 Saarbrücken) Eintrittspreis? Nur 7…

  • Tag der Gehörlosen am 25.09.2016

    Tag der Gehörlosen am 25.09.2016 Ich stellte aufgrund meiner Beobachtungen fest, dass in der Presse darüber folgendes berichtet wird: Die Gehörlosenverbände nutzen den Tag der Gehörlosen, um für die Gebärdensprache zu werben. Hier ein Beispiel davon: Quelle: Kleiner Kalender – Tag der Gehörlosen 2016 Gut und okay mit Werben… Aber als Gehörlose kann ich sagen:…

  • Politische Mimen bei Wahlen in Iowa

    Schaut euch die Bilder sehr gut an, diese sind sehr vielsagend… (Aus der „Die Rheinpfalz“ vom 4. Januar 2008) Die Mimen diverser Politiker bei der Präsidenten-Vorwahl in Iowa sind hier super zusammengestellt worden. Die Hände der Politiker sprechen ebenso Bände – Abwehr? Drücken vor Verantwortung? Drohen mit dem Zeigefinger? Mundwinkel nach unten gezogen? Und noch…

  • Lebensfreude zum Tag der Gehörlosen 2016

    Lebensfreude zum Tag der Gehörlosen 2016   Als ich diesen Bericht „Au d‘ Händ schwätzed Schwäbisch“ (Stuttgarter-Nachrichten.de) las und das dazugehörige Video sah, breitete sich in meinem Gesicht ein Lachen aus. Die Lebensfreude sprang auf mich über. Das Video ist so gut gemacht, dass Mutter und Tochter Edith und Patricia Wahl, beide gehörlos, so gut…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert