Aufführung Theaterstücke am 23. September 2006 in Karlsruhe

Die Theatergruppe Barbie hat am Tag der Gehörlosen in Karlsruhe (23. September 2006) zwei Theaterstücke aufgeführt – direkt aus dem Leben der Gehörlosen gegriffen.

Mit diesen Stücken zeigte sie die Probleme der Gehörlosen im Alltag auf. Nach dessen Aufführungen folgte die Podiumsdiskussion (bei dieser Diskussion war ich leider nicht anwesend).

Leider, leider habe ich diesmal sehr lange gebraucht, um den Bericht fertig zu stellen. Meine Bilder wurden gar nichts und ich habe erst kürzlich von einer lieben Bekannten die Fotos zur Verfügung gestellt bekommen für den Bericht – ich danke ihr von ganzem Herzen!

Hier sind die Texte und Bilder von den zwei Stücken der gehörlosen Theatergruppe Barbie:

Der Moderator Werner Collet kündigt die Aufführung der Theaterstücke durch die Theatergruppe Barbie an.


Erstes Theaterstück: Gehörloser Student

Einleitende Szene:
Eine Freundin von Kens Mutter sitzt gemütlich in einer Cafeteria und trinkt herrlich-gute heiße Schokolade mit Sahne. Ein paar Minuten später kommt die Mutter von Ken in die Cafeteria, wo sie ihre Freundin trifft. Sie unterhalten sich über den Alltag.
Die Mutter von Ken erzählt, dass ihr Sohn zurzeit beim Sozialamt ist. Er war schon mehrmals dort, aber der Mitarbeiter ist immer nicht da. Hoffentlich klappt es diesmal für ihren Sohn.

Die Mutter berichtet weiter: „Auch wollte er aufgeben – obwohl er sehr gut in seinem Studium ist -, weil das Sozialamt bis jetzt noch nicht für die Dolmetscherkosten bezahlen tut. Wenn bis jetzt noch nicht bezahlt wird, muss er auf den Gebärdensprachdolmetscher verzichten.

Ohne den Gebärdensprachdolmetscher muss er noch viel mehr leisten wegen fehlender Kommunikation / Verständnis / Informationen beim Studieren, das ist sehr anstrengend!“
Nun bestellt sie auch heiße Schokolade mit Sahne und unterhält sich weiter mit ihrer Freundin.

Nächste Szene mit dem gehörlosen Student Ken:


Der gehörlose Student Ken begegnet zufällig seiner gehörlosen Studienkollegin und beklagt sich bei ihr, dass es mit dem Studium wohl nicht klappen wird, weil das Sozialamt die Kosten für den Dolmetscher bis jetzt noch nicht bezahlen will. Der Dolmetscher muss schon fast ein halbes Jahr warten auf die Dolmetscherkosten. Die gehörlose Studentin sagt, dass sie auch das gleiche Problem hat.

Er erzählt ihr, dass er beim Sozialamt war und dort ein Sachbearbeiter war, den er nicht kennt. Bei der Nachfrage nach dem Sachbearbeiter, der immer für ihn zuständig war, sowie nach der Kostenübernahme des Gebärdensprachdolmetschers für die Vorlesungen ist er erfolglos, da die Verständigung mit dem neuen Sachbearbeiter gleich Null ist. Er möchte am liebsten aufgeben, ist verzweifelt. Seine Studienkollegin sagt: „NEIN, gib nicht auf, wir kämpfen! Auf, gehen wir zur Beratungsstelle für Hörgeschädigte.“

Sie bitten die Beraterin, für sie beim Sozialamt anzufragen, wer dafür zuständig ist. Die Beraterin ruft für den gehörlosen Student beim Sozialamt an und es stellt sich heraus, dass der Sachbearbeiter, der für den gehörlosen Student zuständig war, in Rente gegangen ist und ein neuer Sachbearbeiter über die ganze Sachlage zwecks Kostenübernahme für Gebärdensprachdolmetscher während der Vorlesungen nicht informiert wurde…

Hier gab es auch eine lustige Einlage: Beide Studenten mussten sich der Beraterin vorstellen – da sagte der gehörlose Student: Ich heiße Ken DOOF! und die gehörlose Studentin mit verschämten Ausdruck: Ich heiße Jennifer DICK! AH, DICK UND DOOF! * Gelächter im Publikum *

Die Beraterin will den beiden gerne helfen und hofft, dass alles klappen wird.
Nach dem Gespräch mit der Beraterin denken Ken und Jennifer nach, warum die Gehörlosen immer kämpfen müssen und die Hörenden jederzeit selbst auswählen und studieren können, was sie wünschen.

Anschließend wird dem Publikum zugewandt und beschrieben, dass auch gehörlose Studenten die gleichen Möglichkeiten haben sollen wie die hörenden Studenten, mithilfe der Gebärdensprachdolmetscher. Diese Botschaft gilt der anschließenden Podiumsdiskussion.

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Zweites Theaterstück: Bahnhof

Zwei gehörlose Freundinnen am Bahnhof, sie unterhalten sich und aus der Unterhaltung ist zu verstehen: Sie wollen zur Veranstaltung „Tag der Gehörlosen“ nach Karlsruhe, um die Theaterstücke zu erleben. Sie warten auf den Zug nach Karlsruhe.

Neben diesen beiden zwei gehörlosen Freundinnen sind zwei Hörende. Diese schauen verstohlen zu den gebärdenden Gehörlosen und tuscheln miteinander über dessen Gebärden, die sie nicht verstehen und für komisch halten.

Die zwei gehörlosen Freundinnen fragen die zwei Hörenden, ob es der Zug nach Karlsruhe ist und wann der Zug kommt, weil sie den Lautsprecher nicht hören. Die Hörenden verstehen sie schlecht, können aber doch die gewünschte Information weitergeben: Im Lautsprecher wurde gesagt, dass der Zug 10 Min. Verspätung hat.

Dann unterhalten sich die zwei gehörlose Freundinnen ganz intensiv und bemerken nicht, dass die zwei Hörenden weggehen. Erst eine Weile später bemerken sie das Verschwinden der zwei Hörenden und der Zug kommt einfach nicht. Was ist denn los??

Dann kommt der Schaffner, und die zwei gehörlosen Freundinnen wenden sich verzweifelt an ihn, wann der Zug nach Karlsruhe kommt.

Wieder eine lustige Einlage:
Eine der beiden Gehörlosen weist auf die Schiffermütze der Schaffner an, dass der Schaffner eine falsche Mütze auf hat. Er schaut zuerst zu seiner Mütze nach OOooh, ich habe meine Schiffermütze genommen statt Schaffnermütze, aber egal, es macht doch nichts. Die zwei gehörlosen Freundinnen lachen sich wegen der Schiffermütze auf dem Kopf des Schaffners kaputt.

Sie haben große Mühe, ihn zu verstehen, weil er ein sehr schlechtes/unmögliches Mundbild hat (übermäßiges, übertriebenes Gebiss – lustige Einlage…! *Gelächter aus dem Publikum*). Mit Ach und Krach können sie und der Schaffner sich verständlich machen und der Schaffner teilt ihnen mit, der Zug wurde auf den anderen Gleis verlegt. Dann schaut der Schaffner auf die Uhr und sagt, der Zug ist aber schon abgefahren.

Die zwei gehörlosen Freundinnen sind nun aufgebracht und fragen den Schaffner, warum dies nicht auf der Anzeigetafel mitgeteilt wurde. Sie regen sich auf, dass sie nun noch länger warten müssen und die Theateraufführung in Karlsruhe verpassen! Der Schaffner fragt die beiden, ob sie nichts gehört hätten, sie haben es durch den Lautsprecher gerufen. Frustriert teilen die beiden dem Schaffner mit, dass sie gehörlos sind und natürlich nichts gehört haben. Der Schaffner sagt zu ihnen, der nächste Zug nach Karlsruhe kommt in 2 Stunden.

Na toll! Die beiden sind frustriert und geben per SMS übers Handy ihren Freunden in Karlsruhe Bescheid, dass sie den Zug verpassten und erst in 2 Stunden ankommen.

Nun wird wieder eine Botschaft dem Publikum vermittelt und aufgezeigt, wie schnell die Hörgeschädigten aufgeschmissen sind, wo Lautsprecher sind – „unsichtbare Mauer, unsichtbare Barriere“ – für die anschließende Podiumsdiskussion.

Gruppenbild von der
Theatergruppe Barbie
nach der Aufführung
am Tag der Gehörlosen
in Karlsruhe

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