Kann man die Gehörlosen hypnotisieren? Nein. Zumindest mich auf keinen Fall.

Bei einem Seminar, den ich vor vielen Jahren besuchte, machte die Gruppe auch autogenes Training. Ich sagte dem Seminarleiter, bei mir nutzen solche Sachen überhaupt nicht, da ich nicht hören kann. Er meinte, ich solle es trotzdem versuchen. Okay, ich machte mit… Obwohl so etwas total unlogisch war! Hauptsache, ich konnte mich auch hinlegen und musste nicht die ganze Zeit sitzen 😉

Das Resultat war jedoch: ich lag da mit offenen Augen und schaute auf den Mund vom Seminarleiter. Dieser meinte zu mir, ich solle die Augen zuschließen und versuchen, mich zu entspannen. Ich konnte meine Augen dennoch nicht schließen – zu neugierig war ich, was der für eine Geschichte erzählte, dass die anderen um mich herum sich gut entspannen konnten. Das kann ich einfach nicht begreifen.

Nichts von seiner Geschichte drang richtig zu mir hinein und ich schüttelte innerlich den Kopf. Ich bin aufgrund meiner Gehörlosigkeit einfach nicht in der Lage, mit geschlossenen Augen einer Geschichte zu lauschen und mich dabei zu entspannen.

Und darum beneide ich die Hörenden nicht. Ich habe meine eigene Art, mich zu entspannen. Die Stille ist dabei sehr behilflich, ich kann mich meinen Träumen hingeben und mich total dabei entspannen – keine Ablenkung von außen, keine störende Telefonklingel usw. 😉

Ich kann so herrlich gut und richtig tief schlafen, ohne durch die „Nacht“-Geräusche sowie Schnarch-Laute geweckt zu werden. Sehr beneidenswert 😉 *schmunzel*

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  • Hallo, vielen Dank für den interessanten Blog. „Kann man die Gehörlosen hypnotisieren?“ Also ich denke schon, dass auch ein/e Gehörlose/r Hypnose und hypnotische Trance erleben kann. Die Frage hat sogar allerhöchste klinische Bedeutung. Allerdings in USA mehr als in Deutschland. Einfach weil der Einsatz von Hypnose dort wesentlich öfter im forensischen Bereich eingesetzt wird. Hier im Bücherregal ist irgendwo eine Anleitung für Inpektoren wie man ganz ohne Worte Trance induziert. Der Autor bezeichnet es als „Hypnose-Induktion“. Ich bin der Meinung der hat mit seinen ruppigen Bewegungen lediglich ziemliche Verwunderung bei den Leuten ausgelöst (es gibt auch ein Video davon). Praktisch war das – soweit ich es erinnere – so gedacht, dass der eine Inspektor (der „Hypno-Cop“) Trance induzieren sollte, auch dann wenn er selbst die Sprache der anderen Person sprach. Ein anderer „Verhör-Cop“ sollte dann die Fragen in Landessprache stellen. Ich bin vollkommen gegen den forensichen Einsatz von Hypnose. (Es sei bloss an den Fall Arkansas erinnert.)

    Eine sehr freundliche Art Hypnose bei Personen zu induzieren, die eine andere Sprache sprechen haben Gafner und Benson (2000) beschrieben: Die beiden Psychologen halfen Kriegsverletzten in einem Krisengebiet der sog. „Dritten Welt“. In einem Lazaret haben sie Patienten mit Hypnose von Schmerzen befreit und diese Technik später sehr ausführlich und sinnvoll beschrieben.

    Auch Armlevitation, gewisse Formen der Hebelinduktion und mehrere andere Standard-Techniken sind im Grunde ohne gesprochenes oder geschriebenes Wort durchführbar …

    Ob Du nun nun selbst hypnotisiert werden kannst … Nun wer weiss? Auf jeden Fall schreibst Du einen guten Blog.

    Viele Grüsse

  • Ich weiss auch, dass dieses Thema ziemlich umstritten ist, und dass nicht wenige Therapeuten / Schulen der Meinung sind, Gehörlose lassen sich nicht erfolgversprechend mit Hypnose behandeln.

    Das ist eine interessante Fragestellung. Ich weiss auch, dass dieses Thema ziemlich umstritten ist, und dass nicht wenige Therapeuten / Schulen der Meinung sind, Gehörlose lassen sich nicht erfolgversprechend mit Hypnose behandeln.
    Ich bin da anderer Meinung, da in der selbstorganisatorischen Hypnose nicht der Ansatz gilt, die Menschen umbeding ganz weit in tiefe Trance zu schicken,- das geht mit Anleitung fast nur mit geschlossenen Augen und der gesprochenden Sprache als Kommunikation. Doch gibt es auch eine ganze Menge anderer Möglichkeiten, zumal in Einzelarbeit.
    Das ist ja etwas komplett anderes als das, was Du in der Gruppe beschreibst. Auf technischer Ebene wäre es z.B. möglich -wenn es denn so etwas wie Traumreise sein soll- alle in einzelne Abschnitte zu unterteilen, sodass zwischendruch immer wieder Kommunikation über Blick möglich ist, oder aber verschiedene Techniken mit der sogenannte Teilearbeit, wo man mit inneren Anteilen (von sich) in Kontakt kommt,- das kann man mit etwas Übung auch mit offenen Augen. Auch das was oben mit „Armlevitation“ benannt worden ist, ist eine gute und sichere Möglichkeit mit Hypnose zu arbeiten, denn es geht bei der Hypnose um die Kommunikation mit dem Unbewussten. Und das ist für Gehörlose ebenso zugänglich wie für Hörende.
    Es ist im Einzelfall aber nötig, erst einmal herauszufinden, was wie funktioniert. Aber das ist auch sonst nicht anders, denn jeder Mensch „funktioniert“ ja anders. Sodass ich denken würde, dass Hypnosetherapie mit Gehörlosen sicher komplizierter sein kann, aber bei entsprechender Geduld und Motivation von beiden Seiten durchaus eine erfolgversprechende Wahrscheinlichkeit hat, zu funktionieren.

  • @Mathias,

    vielen Dank für deinen guten Kommentar.

    Haben Sie schon in dieser Sache Erfahrung bei Gehörlosen gemacht?
    Das würde mich sehr interessieren!

    Lieben Gruß
    Judith

  • Hallo Judith,
    nein mit GehörLOSEN direkt habe ich noch nicht gearbeitet, alledings habe ich ein paar Erfahrungen gemacht mit z.T. stark schwerhörigen Menschen, die im Alltag auf Kombination von Hören und Lippenlesen angewisen waren. Teilweise hatte ich dann mit geschlossenen Augen und lauter direkter Ansprache ins Ohr guten Kontakt, teilweise lief das aber wie oben besprochen.
    Ich denke, es kommt sehr auf die Motivation an.
    Im Rahmen meiner Hypnose- Ausbildung habe ich auch gelernt mit mir selbst und in Selbsthypnose zu arbeiten, das bedarf etwas mehr Disziplin, kann aber genauso wirkungsvoll sein. Ich sehe keinen Grund, warum Gehörlose das nicht auch erlernen könnten.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mathias Auge-Lampe

  • Eine interessante Frage, die Sie stellen. Wichtig wäre anzumerken, dass der Augenschluß für eine Hypnose nicht nötig ist. Hypnose bedeutet, das Unterbewußtsein eines Menschen anzusprechen, indem unser Wach-ich aus dem Mittelpunkt der Aufmerksamkeit verdrängt wird. Sie können mit verschiedenen Techniken das Unterbewußtsein ansprechen, ohne formal eine Hypnose induziert zu haben: z.B. durch analoges Markieren oder durch Verdrängung des Wach-Ichs durch bestimmte Gestiken. Dave Elman bezeichnete dies als waking-hypnosis also Wachhypnose. Natürlich ist es vorstellbar, dass eine Tiefenhypnose wie wir sie von Hörgesunden kennen bei Gehörlosen schwerer induziert werden kann und auch die Kommunikation schwieriger ist als bei Hörgesunden. Das Augenöffnen und verweilen in Tieftrance ist aber absolut möglich, es ist ein Irrtum zu Glauben, dass offene Augen eine Hypnose verhindern. Der Kursleiter des Kurses den sie besuchten war offenbar in autogenem Training geschult, AT ist jedoch nicht mit Hypnose vergleichbar. So wie Sie beschreiben, wie Sie Ihre Aufmerksamkeit nach Innen richten und in Ihre Träume abdriften können, haben Sie wahrscheinlich eine gute Trancefähigkeit. Viele Grüße, Floris Weber

  • Hallo,
    ich finde die Kommentare sehr interessant.
    Ich induziere oft auch nonverbal und bin der Meinung, dass dies bei gehörlosen Menschen noch besser funktioniert wie bei Hörenden.
    Gerne würde ich diese Techniken verfeinern und bin daher auf der Suche nach interessierten, gehörlosen bzw. schwerhörigen Menschen aus dem Raum Stuttgart. Liebe Grüße,
    Myriam Eder

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