Einer meiner Söhne wurde mitten in der Nacht sehr krank. So musste ich mit meinem Kind zum Notarzt fahren, um Hilfe zu bekommen. Ich bat meine Mutter, mich dabei zu begleiten, weil ich Auto fahren musste zur Notfall-Zentrale und sie meinen Sohn Trost zusprechen solle wegen seinen Schmerzen.

In der Notfall-Zentrale wurden wir schnell angenommen. Dann diagnosierte der Notarzt und sprach darüber mit meiner hörenden Mutter.

Meine Mutter sagte zu ihm: „Ich bin nicht die Mutter! Bitte sprechen Sie selbst mit der Mutter des Kindes“.

Der Notarzt hat es sich nämlich bequem gemacht, und lieber mit meiner Mutter sprechen wollen statt mit mir selbst.

Meine Mutter ging daraufhin aus dem Behandlungszimmer hinaus.

So fühlte sich der Notarzt gezwungen, mit mir selbst reden zu müssen über die Diagnose meines kranken Sohnes.

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Das passiert leider sehr oft:

Wenn ein Hörender bei einem Gehörlosen dabei ist, sind andere Hörende eher dazu geneigt, mit dem hörenden Begleiter zu reden als mit dem Gehörlosen selbst.

Warum?

Wie fühlen sich die Hörenden dabei, die eher den hörenden Begleiter des Gehörlosen ansprechen?

Sind sie vielleicht aber auch zu schüchtern und scheu, selbst mit dem Gehörlosen zu sprechen?

Oder geschieht dies, weil die Hörenden gar nichts über die Gehörlosigkeit wissen und daher aus Unsicherheit lieber mit dem hörenden Begleiter sprechen wollen?

Oder schämen sie sich, Hände und Mimik mit ins Gespräch einzubinden?

Oder….?

Oder….?

Mich interessieren die Antworten darauf sehr.

TEile weiter

  • Ich begleite beruflich öffter Gehörlose und stelle auch oft fest,das sich
    Hörende lieber an den hörenden Begleiter wenden als an den Gehörlosen
    selbst.Ich denke es ist sehr oft Unwissenheit,daß ein klares Mundbild
    beim sprechen manchmal zur Verständigung schon reicht.Bei manchen
    ist es Bequemlichkeit,weil es schneller geht,wenn man die
    Gebärdensprache nicht kann.Es gibt auch Menschen die eine
    Hemmschwelle haben Hände und ausgeprägte Mimik zu benutzen.
    Ich hoffe meine Antwort hilft dir weiter.

  • Vielen Dank, Andrea, für die schnelle Antwort.

    Ich denke das auch, dass hier eher die Unwissenheit an der Tagesordnung ist, wenn sich Hörende eher an den hörenden Begleiter des Gehörlosen wenden. Sobald sie hören, dass dieser eine bessere Stimme hat als der Hörbehinderte.

    Über weitere Kommentare freue ich mich!

  • Ich persönlich (ich bin hörend) kenne das gleiche Problem von Körperbehinderten.

    Beispiel: Ich begleite eine Frau im Rollstuhl, wir gehen einkaufen in einer Bäckerei.
    Sie ist dran zu bestellen, und sie bestellt ein Brot.
    Die Verkäuferin sieht mich an.
    Die Frau im Rollstuhl wiederholt.
    Die Verkäuferin fragt bei mir nach, ob die Bestellung stimmt.
    Ich mache einen Scherz: Ja, ich denke, das hat meine Freundin bestellt! Ich sage lachend zu ihr: Stimmt’s? Die Rollstuhlfrau nickt, lacht auch.
    Die Verkäuferin packt das Brot ein, die Frau hält schon das Geld, so hoch sie kann, über den Ladentisch.
    Die Verkäuferin ignoriert sie, legt mir das Brot hin und verlangt von mir: 2 Euro 5.
    Da bin ich dann auch einfach raus gegangen!!

    Ich glaube, das sind massive Berührungsängste bei den Leuten. Obwohl sie gar niemand berühren. 😉 Aber sie berühren Ängste in ihnen selbst. Zum Beispiel die Angst vor Behinderung, Krankheit, und eben auch Hörverlust. Das ist nicht nett, aber wohl instinktiv.

    Viele Hörende haben auch keine Ahnung, wie sie sich verständlich machen sollen, sie brüllen Gehörlose an. Das dumme alte Spiel des Nichtbegreifens.

    Ich kann seit einem Jahr etwas gebärden, ich habe aus Interesse Kurse besucht. Daher sind meine Berührungsängste nicht groß und ich weiß mich auch zu verständigen. Das macht mich sicher im Umgang.

    Ich bin dafür, dass Hörende DGS lernen sollten, und zwar häufiger und viel früher z.B. im Kindergarten. Von Babys aus USA und ASL weiß man, dass es sehr gut ist zu gebärden!!

    Bis es soweit ist, würde ich nicht an böse Absicht denken! Aber deine Mutter hat es richtig gemacht, nur so kapieren die Leute.

    Beste Grüße
    Eli

  • Ich denke, zum Teil ist es Unsicherheit (gerade bei Ärzten, wo die Diagnose auch richtig verstanden werden sollte), weil viele Hörende immer noch nicht wissen, wie sie sich richtig verhalten sollen. Wie sie ansprechen sollen, was sie tun sollen. Das erfordert auch Übung, um sich bewußt zu machen, wie man als Hörender mit Gehörlosen umgehen soll, muss (hinwenden, deutliche Aussprache, Mimik, Gestik einsetzen etc.).
    Und zum anderen Teil ist es sicher auch Bequemlichkeit – wenn es den „leichteren“ Weg gibt, nämlich mit Hörenden zu kommunizieren, dann wird auch dieser gewählt.

    Lieben Gruß vom Molch

  • Hallo Ich bin die Mutter von einer Gehörlosen Tochter ja diese Erfahrung habe ich auch gemacht. aber ich glaube im Notfall ist es wichtig einen direkten Ansprechpartner zuhaben . Aber meine Tochter ist sehr selbstbewusst und schaut ihr Gegenüber direkt an da durch kann man den Hörenden klar machen du sprichst mit mir . Berührungsängste ist Quatsch
    die meisten Menschen haben die GebärdenSprache als etwas tolles empfunden und sprechen mit Gehörlosen wenn man den Leuten klar macht das man deutlich und klar spricht kann ein gehörloser alles verstehen. Gehörlose Menschen sind etwas besonderes und ich bin stolz auf meine Tochter . PS übrigens ist meine Tochter Mama seit 22 Monaten ihre Tochter kann hören und wird mit der Gebärden Sprache aufwachsen das ist dann ihre zweite Mutter Sprache sowie Englisch . Lieben Gruss von der stolzen Mama und Oma

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