Hier wieder eine Kindheitserinnerung:
Ich dachte als Kind, alle Hörende sind perfekt. Ihnen fehle an gar nichts. Eben perfekt. Aber es dauerte nicht lange, bis ich drauf kam, dass das überhaupt nicht stimmte.
Ich beobachtete die Hörenden in meiner Umgebung. Als meine Mutter mir dann sagte, dass Opa krank ist, staunte ich, dass auch Hörende Probleme haben.
Meine Beobachtung ging weiter und ich merkte im Laufe meiner Kindheit, hoppla, die Hörenden können auch krank werden, durch Unfall behindert werden und Probleme haben…
Durch diese Beobachtung sagte ich zu mir selbst: „Du bist zwar gehörlos, aber das heißt noch lange nicht, dass Hörende besser sind als du.“ Meine Gedanken sponnen weiter: „Nein, ich lasse mich nicht abwerten, auch wenn ich es schwerer habe als die Hörenden. Ich kann viele Sachen viel besser, als die Hörenden das erwarten!“
Dadurch entdeckte ich im Laufe meiner Entwicklung langsam den Stigma (siehe Erklärung Stigma) der Hörenden gegenüber den Hörgeschädigten.
Als ich ins Jugendalter kam, fing ich an zu rebellieren – wegen diesem Stigma… Später mehr darüber 😉
Ehrlich gesagt habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass Gehörlose diese Perfektion von mir erwarten.
Irgendwann war ich mit einer gehörlosen Freundin einkaufen (sie wollte sich Stoffe anschauen und fragte mich, ob ich übersetzen könne).
Als die Verkäuferin dann meinte, sie mache eine Brennprobe und ich völlig entsetzt übersetze, meinte meine Freundin nur: „Wie? Das kennst Du nicht? Aber Du bist doch hörend!“
Ja, bin ich! Und ja, ich habe es einfacher, an Informationen heran zu kommen, aber das heißt nicht, dass ich ALLWISSEND bin!