Das verflixte „S“ …
Es ist so typisch bei uns Hörgeschädigten, das „S“ zu verschlucken oder gar nicht zu betonen. Schon alleine das Auslassen oder ein zu schwaches Aussprechen des Buchstabens „S“ hat solch eine große Wirkung, dass der Hörgeschädigte nicht mehr verstanden wird.
Ich habe in dem Alter immer noch das Problem mit dem verflixten „S“. Wenn ich müde bin, spreche ich das „S“ nicht mehr richtig aus – und dann hört sich mein Gesprochenes so verschwommen an – Ergebnis: Ich werde so gar nicht verstanden.
Ja, ja, das verflixte „S“…
Immer wenn ich eine Rede halten soll, und ich habe den Text vorbereitet – wisst Ihr, was ich da mache? Ich unterstreiche jedes „S“ im Text, um mich ständig beim Vortragen daran zu erinnern, das verflixte „S“ auch wirklich zu betonen, damit die Hörenden mein Gesprochenes verstehen – und das verflixte „S“ spielt da eine sehr wichtige Rolle.
Da das verflixte „S“ ein Zischlaut ist, habe ich aufgrund meiner Taubheit das „S“-Problem durch die fehlende Hör-Kontrolle – und so kommt es, dass ich bei anderen das verflixte „S“ oft nicht wahrnehme und somit bei meinem eigenen Sprechen dieses S vergesse!
Dann kommt noch hinzu, dass ich immer noch lernen muss, welche Wörter eine bestimmte Melodie haben bei der Aussprache. Wenn ich z.B. Stan Laurel sagen will, muss ich mich darauf konzentrieren, das ST so auszusprechen, wie es genau geschrieben wird – ohne dass ein „SCH“ daraus wird.
Bei so einem einfachen Wort wie „Post“ – da muss ich darauf achten, dass das verflixte „S“ hier auch wirklich stark rüberkommt. Das Verschlucken des „S“ in diesem Wort reicht schon aus, dass keiner mehr versteht, dass ich entweder zur Post will oder Post abzugeben habe.
Und all die verschiedenen Varianten des „S“ – ein weiches „S“, ein hartes „S“, ein langes „S“, ein summendes „S“, je nach Wortmelodie und bei welchen Wörtern man sich das alles merken muss… UFF!!! Hände überm Kopf, wie soll ich das alles schaffen?
Hin und wieder ist es frustrierend, wenn es mit der eigenen Lautsprache aufgrund der Hörschädigung und daraus fehlender Rückhör-Kontrolle hadert.
Und doch, durch die tägliche Übung bekomme ich das verflixte „S“ auf die Reihe und wenn ich dadurch auf Anhieb verstanden werde, ist es für mich ein riesengroßer Fortschritt! Oft habe ich das Gefühl, ich mache einen Schritt vor, dann wieder zwei Schritte zurück. Aber im Großen und Ganzen komme ich doch recht voran.
Bin ich müde, bekomme ich kein „S“ mehr zustande, es wird sozusagen immer flüssiger und flüssiger – und man versteht bei mir gar nichts mehr. Dann sage ich nur noch Gute Nacht! (Welch ein Glück, dass „Gute Nacht“ kein „S“ drin hat – sicher ist hier eine tiefgründigere Bedeutung vorhanden 😀 ).
Man ahnt oft gar nicht, wie stark das Hören die Sprechmuskulatur und auch die Atemtechnik beeinflusst. Als Hörgeschädigte muss ich mir das täglich antrainieren und mir die Stellen merken, wie wann und wo die Sprachmelodie des Wortes eingesetzt wird und wie ich dabei zu atmen habe.
Das verflixte „S“ – das Geheimnis des Verstandenwerdens 😉
Eure Gehörlosbloggerin