Englischer Originaltext: Gael Hannan http://hearinghealthmatters.org/betterhearingconsumer/2013/tips-for-the-hard-of-hearing-shopper/ –
Deutsche Übersetzung: Birgit Meyer
Einkaufstipps für Schwerhörige
Ich bin kein Mathematiker, aber diese einfache Gleichung habe ich schon vor langer Zeit gelernt:
Shoppen + Hörschädigung = eine Herausforderung an die Kommunikation
Ich gehe gerne einkaufen, aber ich mag nicht viel Zeit damit verbringen. Online Shopping ist eine fast barrierefreie Alternative, aber ich ziehe die altmodische Art vor, bei der ich anschauen kann, anfassen und riechen, was ich vielleicht kaufen möchte.
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Für mich beinhaltet eine zufriedenstellende Einkaufstour neben angemessenen Preisen und einem guten Service gute Raumakustik, die Möglichkeit, den Verkäufern ins Gesicht blicken zu können und idealerweise einen entscheidenden Vorsprung im Wissen um das, was er oder sie sagen wird.
Ich habe jedoch festgestellt, dass ich in der Regel mit der einen oder anderen Kommunikationsbarriere rechnen muss, wenn ich mich auf dem Weg in die Läden mache. Diesen Kommunikationsbarrieren begegne ich mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.
Hintergrund Lärm in Schicki-Micki Läden:
Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke, was dieser ständige Lärm während der Arbeitszeit dem Hören des Verkaufspersonals antut. Ich habe eine Möglichkeit, die sie nicht haben. Ich kann den Laden verlassen, wenn es mir zu laut ist. Wenn es so laut ist, dass ich der Verkäuferin nur von den Lippen ablesen kann, wenn sie sagt, Hi ich bin Cindy, was kann ich für sie tun?, bin ich sofort raus. Wer braucht schon solchen Ärger, ganz davon abgesehen von dem Verlust weiterer Dezibels?
Der fehlende Mund:
Gestern habe ich neue Passbilder machen lassen. Während ich stocksteif dastand und auf den Auslöser wartete, sagte der Fotograf etwas hinter der Kamera. Ich brachte ihn dazu, mir seine Lippen zu zeigen und das Gesagte zu wiederholen. Bitte nicht lächeln. Okay, okay. Stelle ich mich also wieder in Position, diesmal mit ernsterem Gesichtsausdruck und wieder sagt er was. Wie sich rausstellte, war es nur Okay, jetzt ist es richtig, aber wie hätte ich das wissen sollen? Ich glaube, er hat mir mehr berechnet, weil es doppelt solange gedauert hat, wie normalerweise – und als krönender Abschluss war das Passbild wirklich lausig. Für die nächsten 5 Jahre wird meinen Ausweis das Bild eines unterernährter und sehr traurig dreinblickenden Zombis zieren.
An der Kasse im Supermarkt:
Die heutigen computergesteuerten Kassen machen es leicht für Hörgeschädigte, den erforderliche Betrag zu verstehen. Und sollte es zu einer kleinen Plauderei kommen, haben wir das alles schon häufiger erlebt und wissen, worum es dabei geht, auch wenn wir nicht wirklich verstanden haben, was gesagt wird. (Dies ist eine alltägliche Kommunikationsstrategie, keine großartige aber eben eine alltägliche.) Hier ist ein Beispiel einer typischen Plauderei an der Kasse, üblicherweise ohne Blickkontakt, da das Personal damit beschäftigt ist, die Einkäufe weiter zu schieben. Die gute Nachricht, keiner erwartet, dass man antwortet.
Haben Sie alles bekommen, was Sie gesucht haben? (Bisschen spät für die Frage, finde ich)
Wie wollen Sie heute bezahlen( zeigt auf die Kasse)?
Brauchen Sie Tüten? (Ich wohne in Ontario/Kanada; wenn man keine eigene dabei hat, muss man für jede Tüte 5 cent bezahlen.)
Vielen herzlichen Dank, (Mist, das ist eine unangenehme Wendung. Was hat sie jetzt gesagt?)
Wenn der Verkäufer Dich ansieht ohne was zu sagen, kannst Du davon ausgehen, dass er was gefragt hat und auf Deine Antwort wartet. Bitte? ist in dem Fall immer eine gute Option.
Klamotten anprobieren. Was man tun und nicht tun sollte:
Klamotten kaufen macht Spaß… manchmal. Hier sind ein paar Tipps für Hörgeräte- und CI-Träger:
– Das Verkaufspersonal interessiert sich ausschließlich für Deine möglichen
Einkäufe. Wenn es an die Tür deiner Umkleidekabine klopft und Du dann
unverständliches Gebabbel hörst, kannst Du zuversichtlich davon ausgehen, dass
gefragt wurde, Wie läuft es da drinnen? Du kannst also antworten, alles in Ordnung,
ich brauche keine Hilfe, oder Ich brauche eine kleinere Größe bitte. Wenn Du dann
etwas hörst, was sich wie Awrmprsh anhört, hast Du Probleme. Es könnte alles sein
von:
Kleinere Größe? Machen Sie Witze? bis hin zu: Einen Moment, ich bin gleich
wieder da.
Jetzt ist es besser, die Tür einen Spalt zu öffnen für eine Unterhaltung von
Angesicht zu Angesicht.
– Vergiss alles, was einen engen Halsausschnitt hat. Diese wurden entworfen für
Leute die hören oder einen stecknadelgroßen Kopf haben, nicht für Hörgeräte- und
CI Träger. Ganz davon abgesehen, dass man Gefahr läuft sich zu
enthaupten wenn man sich aus dem winzigen Loch befreien will, die Chance ist
zudem groß, dass der Magnet des CI sich löst oder das Hörgerät auf dem Boden
landet. (Meine peinlichste Erfahrung die ich damit gemacht habe, war ausgerechnet
auf der Bühne bei einem Theaterstück. Ich zog mein Sweatshirt über den Kopf und
es verhedderte sich mit meinem BTW Hörgerät. Das Publikum sah schweigend zu,
wie ich darum kämpfte, mich aus diesem grässlichen Dilemma zu befreien. Als ich
es endlich geschafft hatte, war das Ohrpassstück zwar noch an Ort und Stelle, das
Hörgerät selbst jedoch baumelte gut sichtbar an meiner Wange herunter wie eine
riesige Hummel. Meine Würde war am Boden und meine Schauspielkollegin
schaffte es vor Lachen kaum, ihren Text verständlich raus zu bringen.
Ich kriege immer noch die Krise, wenn ich nur dran denke.)
– Beim Schuhe kaufen ist es meist so, dass beide, Kunde und Verkäufer auf die
Schuhe schauen und auch in Richtung der Schuhe reden. Das funktioniert einfach
nicht für hörgeschädigte Menschen. Wobei es viele gibt, die auch in solchen
Situationen weiter bluffen und anschließend Blasen und Schwielen an den Füßen
haben.
Also besteht bitte auf Verkaufsgesprächen von Angesicht zu Angesicht und ihr
könnt sicher sein, dass die Schuhe dann auch passen.
Das Feilschen um Preise in Bazaren im Ausland gehört nicht zu meinen naturgegebenen Talenten. Es fällt mir ohnehin schwer, Menschen mit Akzent zu verstehen und ehrlich gesagt, fühle ich mich in solchen Situationen etwas idiotisch, so als würde ich mit einer versteckten Kamera aufgenommen.
Auf einer Kreuzfahrt mit einer Freundin, als ich 20 Jahre alt war, machten wir einen Zwischenstopp auf den Fidschi Inseln. Uns war gesagt worden, dass die fidschianischen Händler erwarten, dass man um den Preis handelt. Wir fanden wirklich hübsche Baströcke. Meine Schwerhörigkeit als Entschuldigung vorschiebend, überließ ich das Handeln meiner Freundin. Und beobachtete das nachfolgende Gefeilsche, bei dem beide ausgiebigen Gebrauch von ausholenden Hand- und Armbewegungen machten. Der Händler warf den Kopf in den Nacken und lachte, als meine Freundin weg ging, die Arme hoch in der Luft mit der internationalen Gebärde für: Okay Freundchen, Du hast gerade einen Verkauf vermasselt.
Was war passiert? Er hat gesagt, er handelt nicht bei Baströcken für 50 cent.
Ich nehme an, das hätte ich trotz Schwerhörigkeit besser hingekriegt. Ich bin immer noch nicht gut im Feilschen und ich bin vermutlich langsamer bei der Abwicklung meiner Käufe als hörende Menschen. Aber wie viele hörgeschädigte Menschen bin ich ein sehr guter Bluffer und das nutze ich aus, um nicht wenige Geschäfte in meinem Sinne zu beeinflussen.
Und der beste Einkaufstipp des Tages: Steh zu Deiner Schwerhörigkeit und verlange eine klare und deutliche Kommunikation. Das mag die Preise nicht drücken, aber es hilft, das zu bekommen, wofür man bezahlt!
Ich danke meiner Teamkollegin Birgit Meyer (schwerhörig, Cochlea-Implantat-Trägerin)
Birgit Meyer, sh, CI-Trägerin
für die Übersetzung des Originaltextes von der schwerhörigen Bloggerin Gael Hannan (siehe ihr Blog: http://hearinghealthmatters.org/haveyouheard/)
Gael Hannan, sh
und die Kooperation mit den beiden Power-Frauen. Einen ganz herzlichen Dank beiden!
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