Fortsetzung…

J. Göller: Du warst 30 Jahre lang Vorstand vom Speyerer Gehörlosenverein und dann hast du den Vorstand abgegeben an einen jüngeren Gehörlosen. Was hast du dann gemacht?

Walter Krieg:

Als ich Vorstand, hatten wir 34 Mitglieder im Verein. Nach meinem Weggang bin ich seit 1988 Leiter der gehörlosen Seniorengruppe in Speyer. Dieser hat guten Zuwachs auf derzeit 50 Mitglieder bekommen. Die Senioren-Mitglieder kommen aus dem Umkreis Pfalz, Mannheim, Stuttgart, Kaiserslautern, Neustadt/Wstr., Pirmasens, Landau, Frankenthal, Worms und Wörth.

J. Göller: Du hast in deinem langen Leben ganz bestimmt sehr viele besondere Erlebnisse gemacht. Kannst du uns von einer dieser erzählen?

Walter Krieg:

Woran ich immer gerne denke, ist die Tanzschule. Ich war da 22 Jahre alt und wollte so gerne tanzen lernen. Ich ging in die Tanzschule. Dort wurde mir gesagt, dass ich unmöglich mitmachen kann, weil ich gehörlos bin. Ich gab nicht auf und sagte, ich habe Augen und kann tanzen! Der Tanzlehrer gab nach und ließ mich an den Tanzstunden teilnehmen. Da war auch eine Tanzlehrerin dabei, die gleich in der ersten Tanzstunde mit mir tanzte zum Lernen. Sie sagte zu mir, ich kann viel besser tanzen als die hörenden Tanzschüler. Das Tanzen machte mir eine große Freude und ich merkte mir alle Takte verschiedener Tänze wie Walzer, Tango usw. Die Tanzschule dauerte 3 bis 4 Monate. Beim Abschlussfest standen die hörenden Tanzschüler betroffen da, weil ich zum besten Tanzschüler ausgewählt wurde. Ich, der einzige gehörlose Tanzschüler, war der Beste unter allen hörenden Tanz-Teilnehmern! Die Hörenden waren ganz schön baff (gerade zwinkerte Walter Krieg…).

Später gab es Gehörlosen-Tanzfeste in Karlsruhe, Heidelberg, Mannheim, Frankfurt, Hanau…, an denen ich teilnahm, weil das Tanzen zu meiner Leidenschaft gehörte.

J. Göller: Was denkst du über die jetzige Gehörlosenkultur?

Walter Krieg:

Ich finde die jetzige Gehörlosenkultur viel besser. Es geht alles schneller, und es gibt viel bessere Möglichkeiten, z.B. mit den Dolmetschern für die Behördengänge. Dank PC + Internet haben die Gehörlosen einfach bessere Chancen!

J. Göller: Du heißt mit dem Nachnamen Krieg. Mir ist zu „Augen“ gekommen, dass es einen Witz über dich gab. Im Witz geht es um den Krieg, der in der Friedensstraße wohnt. Stimmt das wirklich, dass du dort wohntest?

Walter Krieg (lacht…):

Ja, das stimmte!

Fortsetzung folgt…

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